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Liebe Leserin, lieber Leser,

was lange währt… Endlich kommt Bewegung in die Verkehrswende-Diskussion. Rechtzeitig zum Nationalen Radverkehrskongress (NRVK) und zur Eurobike-Messe in Frankfurt hat das Bundeskabinett am 21. Juni die lang erwartete Reform des Straßenverkehrsgesetzes (SVG) auf den Gesetzgebungsweg gebracht. Viel Zeit für eine kommentierende Stellungnahme blieb den Fahrradverbänden nicht - gerade mal 26 Stunden wurden dafür vom Ministerium eingeräumt. Die Verbände nahmen es gelassen, Hauptsache, es geht jetzt endlich voran mit der überfälligen Modernisierung des Verkehrsrechts.

Die Resonanz aus der Fahrradwelt ist erst einmal positiv. Allerdings wird erwartet, dass im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren ein paar Details noch präzisiert und Widersprüche aufgelöst werden. Schließlich soll die Reform längerfristig eine gute Grundlage deutscher Verkehrsplanung sein.

Ansonsten feierte die Branche in Frankfurt mit der Eurobike ein großes Fest. Die Messe war ein echter Magnet für Ausstellende und Besucher*innen aus aller Welt – mit großer Medienresonanz. Dazu lieferten die Verbände aktuelle Konjunkturdaten. Über dies und vieles mehr informieren wir Sie in diesem letzten Newsletter vor der Parlamentarischen Sommerpause.

Herzliche Grüße

Ihr
unterschrift_ah
Albert Herresthal
Informationsdienst Fahrradwirtschaft
Die Themen dieser Ausgabe:
  1. Fachveranstaltung des BMDV: Nationaler Radverkehrskongress erstmals in Frankfurt
  2. Fahrradmesse in Frankfurt: 31. Eurobike mit großer Resonanz
  3. Meinung: Licht, Schatten und Risiken
  4. Branchenumfrage: Sorgenbarometer von Handel und Industrie
  5. Aktuelle Zahlen des ZIV: Fahrradkonjunktur nimmt Fahrt auf
  6. Neue Branchenstudie: Umsatz und Beschäftigung auf Rekordniveau
  7. E-Scooter: Unfallstatistik zeigt Schwerpunkte
  8. IFW exklusiv: 3 Fragen an ... Maximilian Diem
  9. Kurzmeldungen
  10. Termine
NRVK 2023

Fachveranstaltung des BMDV:
Nationaler Radverkehrskongress erstmals in Frankfurt

Es war ein kluger Gedanke, den Nationalen Radverkehrskongress (NRVK 2023) mit der internationalen Leitmesse der Fahrradbranche zu verzahnen. Der NRVK vom 20.-21. Juni lockte 700 Besucher ins Kongresshaus der Messe Frankfurt, sehr viele davon aus kommunalen Verwaltungen in Deutschland. Aber auch die Bundestagsabgeordneten Swantje Michaelsen (B90/Grüne), Matthias Stein (SPD) und Henning Rehbaum (CDU), allesamt Vorstandsmitglieder des Parlamentskreises Fahrrad im Deutschen Bundestag nahmen teil. Als Regierungsmitglied vertrat der Parlamentarische Staatssekretär Oliver Luksic (FDP) den verhinderten Minister Volker Wissing (FDP). Das Land Hessen vertrat Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (B90/Grüne). Am Abend des ersten Kongresstages wurde der Deutsche Fahrradpreis in den Kategorien Infrastruktur, Service & Kommunikation und Persönlichkeit 2023 verliehen. Sieger in der Rubrik Infrastruktur wurde beispielsweise die 27 km lange „Kanalpromenade Münster“. Weitere Gewinner

Das reichhaltige Kongressprogramm umfasste neben zwei Plenarveranstaltungen 16 Fachforen, sieben Side-Events und 14 Exkursionen. Dabei ging es um die Umsetzung von Konzepten und Maßnahmen auf dem Weg zum „Fahrradland Deutschland 2030“, wie es der Nationale Radverkehrsplan 3.0 zum Ziel hat. Der fachliche Austausch fand sehr differenziert und auf hohem Niveau statt. Immer wieder spielten Best-Practice-Beispiele hierbei eine wichtige Rolle. Alle NRVK-Teilnehmenden bekamen die Möglichkeit, auch die Eurobike in den Messehallen zu besuchen.

Die Verknüpfung von NRVK und Eurobike kam nicht bei allen Teilnehmenden gut an, so schien einigen die Teilnahme an beiden Veranstaltungen zu lang. Aussteller auf der Eurobike waren am ersten NRVK-Tag durch den Stand-Aufbau absorbiert. Andere wiederum begrüßten ausdrücklich das Zusammenlegen von Kongress und Branchenmesse, weil dadurch ein guter Austausch von Vertreter*innen aus „beiden Welten“ erleichtert wurde. Die abschließende Evaluation des BMDV zum NRVK wird zeigen, in welche Richtung das Meinungspendel schließlich ausschlägt.

Kongress begleitend gab es wieder eine Ausstellung der Bundesländer und von Verbänden. Die Länder präsentierten ihre jeweiligen Radverkehrskonzepte und -strategien und die Verbände der Fahrradbranche ihre Vorstellungen zur Radverkehrspolitik. Erstmals zeigten auch die durch das BMDV mit finanzierten Stiftungsprofessuren ihre Forschungsergebnisse.
Eurobike 2023





Fahrradmesse in Frankfurt:
31. Eurobike mit großer Resonanz

Juni öffneten sich die Pforten der Eurobike für alle Fachbesucher*innen. 34.750 machten davon Gebrauch. Mehr als 1.900 Ausstellende aus 62 Ländern präsentierten sich in mehreren Messehallen und auf einem großen Freigelände – ein neuer Rekord. Im vergangenen Jahr waren es nur 1.500 Ausstellende aus 57 Ländern. Die aktuelle Steigerung ist trotz des grundsätzlich positiven Umfelds für Fahrräder und E-Bikes bemerkenswert, denn nach den Jahren der Pandemie sind Messen allgemein in der Krise und müssen sich erst wieder neu finden. Die Stimmung der Fahrradwirtschaft zeigte sich trotz der schlechten Witterung in diesem Frühjahr durchaus positiv. 

Das Programm der Eurobike umfasste neben den vielfältigen Produktpräsentationen und Presseterminen viele Netzwerk- und Konferenzveranstaltungen auf den Bühnen bzw. in separaten Räumen. Dabei ging es vielfach um die strukturellen Veränderungen der Branche und um Strategien, unter den sich wandelnden Rahmenbedingungen erfolgreich bleiben zu können. Beim Gang durch die Messe fiel der hohe Anteil internationaler Ausstellender ins Auge, besonders aus Asien. Hier zeigt sich auch die Funktion der Eurobike als Weltleitmesse der Fahrradwirtschaft. Es ist der Eurobike gelungen, an frühere Zeiten vor der Pandemie anzuknüpfen und – nicht zuletzt durch den 2022 erfolgten Umzug von Friedrichshafen nach Frankfurt – ihre Position auszubauen.

Verglichen mit der Vor-Corona-Eurobike im Jahr 2019 hat sich der Markt deutlich gewandelt hat. Die Präsenz von Dienstleistungsunternehmen, von Versicherungen über Leasing bis hin zu digitalen Services jeder Art, ist stärker geworden. Auch fiel die gestiegene Anzahl an Herstellern von E-Motoren und Batterien sowie an Software-Anbietern auf. Die Bandbreite verschiedener Typen und Formen von Fahrrädern bzw. E-Bikes hat zugenommen und Cargobikes spielten eine große Rolle – dagegen gerieten filigrane, leichte Fahrräder ein wenig in den Hintergrund. Nostalgiker mögen das bedauern, aber der Trend geht offensichtlich zum Auffälligen, fast Klobigen, natürlich mit E-Antrieb. Mehr zum E-Bike-Boom

Am Wochenende 24./25. Juni besuchten 31.840 Fahrrad-Enthusiasten und Familien die „Festival-Days“. Dessen Programm umfasste auf dem Messegelände verschiedene Wettbewerbe, BMX-Rennen und Workshops, Trial- und MTB-Shows, eine Kids Area sowie einen Fahrradflohmarkt. Das Eurobike Career Center bot eine Plattform für alle, die sich beruflich weiterbilden oder in die Fahrradbranche einsteigen wollen.

Eurobike 2023

Meinung:
Licht, Schatten und Risiken

Keine Frage, die Eurobike zeigte sich in einer guten Verfassung. Ausstellerrekorde und ein guter Zulauf bestätigten das große Interesse am Thema Fahrrad und Mobilität. Dies wurde nicht zuletzt durch eine Vielzahl von Vortragsveranstaltungen, Panels und Side-Events unterstrichen. Dass es dabei nicht immer Neues zu hören gab, liegt in der Natur der Sache. Vieles Richtige wurde schon oft gesagt und dennoch zu selten erhört. Die Branche und ihr Umfeld sind eben doch eine „Bubble“. Es bleibt schwierig, Menschen außerhalb davon in Herz und Verstand wirklich zu erreichen.

Positiv an der Eurobike 2023 war, dass sie im Vergleich zu früheren Jahren sehr viel politischer geworden ist. Noch vor der Pandemie-Zeit repräsentierte die Messe eher den Sportaspekt des Radfahrens. Die Themen Mobilität und Verkehrswende sind auf der Messe deutlich angekommen. Das ist zeitgemäß. Dass der Bundesverkehrsminister in Frankfurt fehlte und auch zum zeitlich angedockten Nationalen Radverkehrskongress nur seinen Parlamentarischen Staatssekretär entsandte, offenbart jedoch eine Haltung und Priorisierung, die vielfach kritisiert wurde.

Natürlich stehen bei einer Messe vor allem die Produkte im Mittelpunkt. Hier war eine SUVierung der Fahrzeuge nicht zu übersehen. Größer, stärker, bulliger – vor allem die E-Bikes. Aber ist dies ein Trend, der dem Fahrrad auf Dauer gut tut? Der Systemvorteil des Fahrrads liegt doch in seiner Leichtigkeit: Auf einem 15 kg schweren Fahrrad gelangt ein 80 kg Mensch plus Gepäck von A nach B. Minimaler Materialeinsatz für maximalen Output bei minimalem Energieeinsatz, egal, ob mit oder ohne E-Antrieb – das macht die Faszination Fahrrad im Kern aus und ist gerade in der heutigen Zeit der Klimaerhitzung das, was die Welt wirklich braucht. Ressourcenschonung ist das Gebot der Stunde. Doch es gibt Hoffnung: Zu jedem Trend kommt auch irgendwann auch wieder ein Gegentrend …
Branchenumfrage Handel und Industrie





Branchenumfrage:
Sorgenbarometer von Handel und Industrie

Was bewegt Handel und Industrie in der laufenden Saison in besonderer Weise? Das Branchenmagazin SAZbike erhielt im Rahmen seiner Umfrage zur Eurobike Messe interessante Antworten. So nennen die Fachhändler*innen folgende Problemfelder
  • Lieferverzögerungen der Industrie als Hauptproblem (40,9%: „Sehr große Herausforderung“)
  • Aggressive Preispolitik des Online-Handels (35,7%)
  • Kaufzurückhaltung der Endverbraucher*innen (33,7%)
  • Personalprobleme (28,9%)
  • Zu häufige Modellwechsel durch die Industrie, die aktuelle Fahrräder vorschnell „altern“ lassen (23,8%). Mehrfachnennungen waren möglich.
Es gibt aber auch Themen, die aktuell kaum Probleme bereiten. Dazu gehört z.B. die Kapitalbeschaffung und der Umgang mit den Banken: 67,1% nennen dies keine oder nur eine geringe Herausforderung. Auch die Umstellung auf neue Öffnungskonzepte durch Systeme wie Click & Meet oder Click & Collect bereiten dem Fachhandel wenig Mühe (77,4% finden dies weitgehend unproblematisch). Baumärkte und Discounter, die den Händler*innen früher häufig eine lästige Konkurrenz waren, haben ihren Schrecken verloren: 47,1% sehen in ihnen kein Problem und für 31,5% ist die Herausforderung eine geringe. 

Die Sorgenstatistik der Industrie ist anders gelagert als die des Handels, aber es gibt auch deutliche Überschneidungen. Die größten Probleme:
  • Kaufzurückhaltung der Verbraucher*innen (50% „großes Problem“)
  • Preispolitik des Online-Handels (38,1%)
  • Geringe Vororderbereitschaft des Handels (33% „sehr große Herausforderung“)
  • Lieferverzögerungen von Vorlieferanten (45,2% „sehr große bzw. mittlere Herausforderung“). Diese sind die Ursache für die zu späte Auslieferung, die der Handel massiv beklagt. Der Kreis schließt sich.
Doch diese Probleme werden perspektivisch geringer, denn die Unterbrechung der Lieferketten ist weitgehend überwunden. So haben sich die Probleme mit Lieferverzögerungen gegenüber der Umfrage des Vorjahres etwa halbiert.
Fahrradkonjunktur nimmt Fahrt auf

Aktuelle Zahlen des ZIV:
Fahrradkonjunktur nimmt Fahrt auf

Anlässlich der Eurobike gab der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) Konjunkturdaten für die ersten fünf Monate des Jahres bekannt. 2023 war bekanntlich mit übervollen Lagern gestartet, denn bereits in den Monaten davor hatte die Industrie fast alle Rückstände aus den Corona-Jahren innerhalb kurzer Zeit ausliefern können. Diese Situation führte Anfang dieses Jahres zu Lagerdruck im Handel und teilweise auch zu Preisrückgängen. Hinzu kam inflationsbedingt eine große Kaufzurückhaltung der Konsument*innen. Das verregnete und kühle Frühjahr 2023 sorgte ebenfalls für wenig Fahrrad-Euphorie. Die Rahmenbedingungen für die Saison 23 waren also eher ungünstig.

Nichtsdestotrotz hat die deutsche Fahrradindustrie in den ersten fünf Monaten des Jahres 1.050.000 E-Bikes produziert sowie 450.000 Fahrräder. Das ist bei E-Bikes eine Steigerung von rund 5%, bei unmotorisierten Fahrrädern ein Rückgang um etwa 10%. Damit blieb die Gesamtproduktion auf Vorjahresniveau.
 
Auch der Export im ersten Quartal 2023 hat sich positiv entwickelt: Insgesamt wurden 450.000 Fahrräder und E-Bikes vor allem in die Länder Europas geliefert (+28%). Das stärkste prozentuale Wachstum gab es hier bei den E-Bikes (+56% gegenüber dem Vorjahreszeitraum). Die Importe von Fahrrädern und E-Bikes lagen bei gut 1 Mio. Stück (+ 5,6%).

Zum Gesamtbild gehört allerdings auch der Absatz des Handels an Verbraucher*innen. Hier ist festzustellen, dass nicht alle hergestellten und importierten Fahrräder und E-Bikes auch vom Handel verkauft werden konnten. Deshalb sind hier die Lager sehr voll, zumal bis Ende Mai schlechte Witterung dämpfend wirkte. Nach dem sommerlichen Wetterumschwung Anfang Juni zog die Nachfrage aber wieder deutlich an, so dass der ZIV ein konjunkturell insgesamt erfreuliches Bild zeichnet. Dennoch rechnet der ZIV damit, dass im Gesamtjahr 2023 das Niveau des Vorjahres nicht erreicht werden kann. Der Verband betont, dass eine Prognose aktuell so schwierig wie selten sei, geht aber von einem Rückgang z.B. bei E-Bikes von rund 10% aus.
Weitere Infos
Branchenstudie zur Fahrradwirtschaft





Neue Branchenstudie:
Umsatz und Beschäftigung auf Rekordniveau

Es sind beeindruckende Zahlen, die der Verband „Zukunft Fahrrad“ Mitte Juni veröffentlichte: Mit 325.000 Beschäftigten und einem Gesamtumsatz von 45 Milliarden Euro ist die Fahrradbranche ein boomender Wirtschaftszweig. Die Studie wurde vom Freiburger Institut „Transportation Think Tank“ (T3) durchgeführt und bezieht sich auf die Jahre 2019 bis 2022. Von außerordentlicher Bedeutung ist der Bereich Fahrradtourismus. Hier gibt es 263.000 Beschäftigte. In den Kernbereichen Herstellung, Handel und Dienstleistungen arbeiten insgesamt 62.800 Menschen, wovon der Fahrradhandel den größten Anteil stellt.

Die aktuelle Studie ergänzt und präzisiert eine wissenschaftliche Untersuchung des Wuppertal Instituts aus dem Jahr 2020, die sich auf den Zeitraum bis 2018 bezog und im Auftrag der Verbände ZIV, VSF und Zukunft Fahrrad erstellt wurde. Die jetzt vorgelegte Studie belegt, dass sich der positive Trend der vorherigen Jahre fortsetzt und die Fahrradwirtschaft in der Corona-Zeit trotz aller Widrigkeiten nochmals erheblich dazugewonnen hat. Die Kernbereiche Herstellung, Handel und Dienstleistungen steigerten ihre steuerbaren Umsätze zwischen 2019 und 2022 um 70% auf 28 Milliarden und ihr Personal um 30% (+ 10.900 Beschäftigte). Interessant sind auch einige Details aus dem Dienstleistungsbereich. So wurde die Anzahl geleaster Fahrräder/E-Bikes im Untersuchungszeitraum mehr als verdreifacht. 600.000 Fahrräder kamen 2022 durch das Leasing auf die Radwege.

Wasilis von Rauch, Geschäftsführer von Zukunft Fahrrad, betont gegenüber dem Informationsdienst Fahrradwirtschaft die politische Dimension: „Die Fahrradwirtschaft als Schlüsselbranche der Transformation muss künftig bei allen Entscheidungen zur Umsetzung der Verkehrswende mit im Fokus stehen. Wir brauchen eine bundespolitische Strategie mit ambitionierten Zielen für die Entwicklung der Branche. Frankreich macht das gerade vor, die EU ebenfalls. Parallel dazu ist eine bessere Radverkehrsinfrastruktur essenziell“.
Unfallstatistik

E-Scooter:
Unfallstatistik zeigt Schwerpunkte

In den Großstädten gehören E-Scooter europaweit inzwischen zum normalen Straßenbild. Viele davon entstammen den Mietflotten der kommerziellen Verleiher, aber es gibt auch immer mehr in privatem Eigentum. Sie werden vielfach von jüngeren Menschen auf kurzen Strecken oder auch zum Freizeitvergnügen eingesetzt. Nun liegt die Unfallstatistik für das Jahr 2022 vor.

Es wurden der Polizei in Deutschland 8.260 E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden gemeldet – ein Anstieg um 49% gegenüber dem Vorjahr. 41,9% davon waren Alleinunfälle ohne Unfallgegner. An 37,2% der Unfälle waren PKW beteiligt. Unfälle mit Fahrradfahrenden waren vergleichsweise selten (2,5%). Insgesamt kamen bei den E-Scooter-Unfällen elf Menschen ums Leben – mehr als doppelt so viele wie im Jahr davor. Die häufigsten Unfallursachen waren die falsche Benutzung der Fahrbahn oder des Gehweges (19%) und das Fahren unter Alkoholeinfluss (18%). Fast 65% der Unfälle fanden in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern statt.

Die Unfallopfer – meist sind es die Scooterfahrenden selbst – waren in der Regel recht jung: 40% waren unter 25 Jahren und 81% unter 45.  Ältere waren kaum vertreten, nur 3% der Unfallopfer gehörten zur Generation 65plus.

In der öffentlichen Diskussion sind E-Scooter oft umstritten und sie gelten als gefährlich. Tatsächlich spielen sie im gesamten Unfallgeschehen jedoch eine untergeordnete Rolle. 2022 wurden insgesamt 288.000 Verkehrsunfälle mit Personenschaden registriert. Der Anteil der E-Scooter beträgt hieran 2,9% (Tendenz steigend). Zum Vergleich zu Unfällen mit Fahrradfahrenden: Hier liegt der Anteil bei 33,7%. Drei Besonderheiten bleiben jedoch: Unfälle mit E-Scootern sind vergleichsweise häufig auf eigenes Fehlverhalten zurückzuführen. Sie sind ein Phänomen der Großstädte und die Unfallopfer sind in der Regel recht jung. Weitere Infos

Informationsdienst Fahrradwirtschaft exklusiv:

3 Fragen an ...

Maximilian Diem, Deutsche Dienstrad GmbH
Maximilian Diem, Geschäftsführer Deutsche Dienstrad GmbH
IFW: Das „Betriebliche Fahrrad“, wie es im Amtsdeutsch der Finanzbehörden so schön heißt, gibt es erst seit gut zehn Jahren, gleichwohl sind Diensträder in aller Munde und das Fahrradleasing macht bereits einen erheblichen Teil des Markts aus. Welches sind für Arbeitnehmer die entscheidenden Vorteile und welche Nachteile gibt es bei dieser Finanzierungsform?

MD: Fahrradfahren begleitet uns seit Jahrhunderten. Durch das Dienstrad-Leasing wird allen Arbeitnehmenden in Deutschland die Möglichkeit geboten, klimaneutral, gesund und mit Spaß an der Mobilitätswende teilzunehmen. Diensträder stehen Arbeitnehmenden zur privaten als auch zur beruflichen Nutzung unbegrenzt zur Verfügung. Dabei profitieren die Leasingnehmer von einer 100%-igen Absicherung durch eine Vollkaskoversicherung, als auch von einer Mobilitätsgarantie, die im Gesamtpaket inkludiert sind. Ein Rundum-Sorglos-Paket. Dieses greift auch bei nicht selbstverschuldetem Verlust, wie z.B. einem Diebstahl. Durchwegs Mehrwerte, die einzig beinhalten, dass das Fahrrad nicht im Eigentum des Nutzenden liegt, sondern lediglich in dessen Besitz. In Zeiten des Trends „Nutzen statt Kaufen“ relativiert sich dieser eventuelle Nachteil. 

Mit dem „MobilityHub“ bieten Sie Fahrrad-Interessent*innen eine digitale Plattform, die einem Online-Shop sehr nahekommt, aber dennoch den lokalen Fachhandel integriert. Was war Ihre Motivation für diese Entwicklung und welche Vorteile bietet sie den Kund*innen?

Click & Collect gibt es schon. Click & Lease über einen Marktplatz, der alle verfügbaren Räder anzeigt, bislang nicht. Wir wollten das Dienstradleasing kunden- und zugleich fachhandelsorientiert verändern, damit es dem aktuellen Nutzer- und Suchverhalten der Verbraucher*innen entspricht.
Heute informieren sich über 80 Prozent der Endkunden vorab online. Ein Kaufprozess darf heute keine Herausforderung sein, sondern soll effektiv zum regionalen Fachhandel führen mit dem Leitgedanken „Support your local Dealer“. Damit ist den Kunden bzw. Kundinnen völlige Transparenz aller Angebote möglich, denn Verbraucher*innen wünschen sich einen Überblick über die komplette, verfügbare Produktpalette: die freie Auswahl an Marken, Produkten und aktuellen Preisen. Zugleich eröffnet sich ausnahmslos jedem Händler die Möglichkeit, seine Produktpalette im MobilityHub anzubieten und dabei die eigene Preishoheit zu bewahren. 

Das Dienstradleasing ist ein wichtiger Treiber der Mobilitätswende. Welche strukturellen Entwicklungen erwarten Sie für dieses Marktsegment in Zukunft? Bei welchem Marktanteil ist Ihrer Einschätzung nach die Grenze des Wachstums erreicht?

Wir sind überzeugt, dass das Wachstum weitergehen wird und das Leasing einen maßgeblichen Anteil am gesamten Neugeschäft bei E-Bikes und Fahrrädern hat. Die meisten Unternehmen, die Leasing bereits anbieten, sind nicht in einer Tarifbindung. Doch diese Situation ist aktuell im Wandel. Viele Tarifgebiete, darunter große Gewerkschaften, öffnen sich dem Fahrradleasing. All dies bedeutet, dass sich der adressierbare Markt für das Fahrrad-Leasing immer wieder erweitert. Doch es gibt auch Trends, die zusätzlich Einfluss nehmen. Es ist zu erwarten, dass die Auswahl an Fahrradtypen und Modellen, die für das Dienstradleasing verfügbar sind, weiter zunimmt. Auch andere Formen der Mikromobilität werden vermehrt in das Angebot aufgenommen. Bessere Infrastrukturen machen das Radfahren durchgängiger, sicherer und auf längeren Strecken attraktiv. Eine Grenze des Wachstums ist also noch lange nicht erreicht.

Kurzmeldungen

Franziska Giffey und Katharina Reuter
Kopf des Monats
Sie stelle ihre Expertise und Leidenschaft in den Dienst der Gesellschaft, sei dabei Inspiration für ihre Mitmenschen und gehöre zu den wichtigsten Vorreiterinnen für die Förderung einer ökologischen und nachhaltigen Wirtschaft, die Ziele und Ansprüche in praktisches Handeln übersetze und damit sehr konkrete Beiträge im Kampf gegen die Klimakrise leiste, so die ehemalige Bürgermeisterin Berlins und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe Franziska Giffey in ihrer Laudatio für Dr. Katharina Reuter. Sie ist Geschäftsführerin des Bundesverbands Nachhaltige Wirtschaft (BNW) e.V. und bekam am 14. Juni das Bundesverdienstkreuz am Bande im Auftrag des Bundespräsidenten überreicht. Für die Politik ist sie in Sachen Klimakrise eine wichtige Partnerin geworden.
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Neue Verordnung der EU
Neue Batterieverordnung der EU
Die Nutzung von E-Bike-Akkus in Europa soll umweltfreundlicher und nachhaltiger werden. Das EU-Parlament beschloss nun die dafür die passenden Richtlinien mit verbindlichen Vorgaben zu Recyclingfähigkeit, Akku-Austausch- und Reparaturfähigkeit. Einige Details der Verordnung sind allerdings noch umstritten, die genaue Ausgestaltung ist noch nicht abgeschlossen. Strittig ist beispielweise die Frage, ob einzelne Zellen reparierfähig sein müssen oder ob es genügt, wenn einzelne Akku-Packs ausgetauscht werden können.
Bevor die neue Verordnung rechtswirksam wird, muss noch der Europarat zustimmen, was allerdings als Formsache gilt. Zur Umsetzung gilt dann für die Fahrradbranche eine Übergangsfrist von dreieinhalb Jahren.
Weitere Infos
Zahl des Monats
Zahl des Monats
In Niedersachsen und Schleswig-Holstein gibt es deutschlandweit die meisten E-Bikes. Genau 27,2% aller Fahrräder haben dort eine Elektro-Unterstützung. Absoluter Spitzenreiter auf Landkreis-Ebene ist die Grafschaft Bentheim, unweit der niederländischen Grenze. Hier sind vier von 10 Rädern elektrisch. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey. Baden-Württemberg, Bayern und NRW liegen mit rund 25% knapp dahinter. Die Bundesländer Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt (knapp über 17%) haben eine vergleichsweise geringe E-Bike-Quote. Schlusslichter sind die Stadtstaaten Hamburg (15,8%) und Berlin (11,8%).
Weitere Infos
Bild des Monats
Bild des Monats: Nicht nur fahrradfreundlich und praktisch, sondern auch ästhetisch schön und voller Kunst: Im norwegischen Bergen wurde der längste Fahrrad- und Fußgänger*innen-Tunnel Europas eröffnet. Der Fyllingsdal-Tunnel führt auf knapp drei Kilometern mitten durch einen Berg und verbindet zwei Wohngebiete mit einander. Die Durchquerung des Tunnels dauert auf dem Rad etwa zehn Minuten und zu Fuß etwa 30 bis 45 Minuten. Im Tunnel gibt es einen 2,5 Meter breiten Fuß- und einen 3,5 Meter breiten Radweg, gut beleuchtete Raststätten und Überwachungskameras. Zudem gibt es alle 250 Meter eine Notrufsäule.Attraktionen sind die bunten Kunstwerke und Installationen an den Wänden und die große Sonnenuhr in der Mitte des Tunnels. Das Projekt soll dazu beitragen, das Verkehrsaufkommen in der Stadt Bergen zu verringern und mehr Menschen zum Radfahren zu animieren.

Termine

  • Vom 5.-10. September findet in München die IAA Mobility statt. Die Automobilmesse, die den Anspruch hat, eine Mobilitätsmesse zu sein, und auf der auch Fahrradhersteller ausstellen, präsentiert sich auf dem Messegelände, aber auch in der Innenstadt.

  • Am 15. September ist der internationale Parking-Day. Vielerorts werden demonstrativ und beispielhaft Kfz-Parkplätze in lebendige Flächen für Kommunikation, Spiel und Spaß umgewandelt.

  • Vom 16.-22. September findet die Europäische Mobilitätswoche statt, eine Kampagne der Europäischen Kommission. Europaweit können dann innovative Verkehrslösungen ausprobiert werden.

  • Nach der Parlamentarischen Sommerpause finden die Sitzungswochen des Deutschen Bundestags wieder vom 4. bis 8. sowie vom 18. bis 22.  und 25. bis 29. September statt. Die nächsten Sitzungen des Bundesrats sind am 7. Juli und dann erst wieder am 29. September. 
  • Der nächste Newsletter Fahrradwirtschaft Insight erscheint nach der Parlamentarischen Sommerpause am 5. September.  

Team Fahrradwirtschaft Insight

Team Fahrradwirtschaft Insight
Herausgeber des Newsletters ist Albert Herresthal. Durch seine langjährige Tätigkeit als Geschäftsführer des Verbund Service und Fahrrad (VSF e.V.) ist er mit den relevanten Köpfen aus Politik, Verwaltung und Fahrradwirtschaft bestens verbunden. Er ist für das Konzept und die inhaltliche Ausgestaltung verantwortlich.

Auch Hendrikje Lučić (Mitte) verfügt über langjährige Erfahrung in der politischen Arbeit, so war sie Leiterin des VSF-Hauptstadtbüros. Seit 2021 verantwortet sie die Politische Interessenvertretung beim Bundesverband der Deutschen Sportartikel-Industrie (BSI). Sie ist für die inhaltliche und strategische Ausgestaltung des Newsletters mitverantwortlich.

Anne Kreidel ist Fundraiserin und hat lange im Marketing und in der Öffentlichkeitsarbeit gearbeitet. Sie ist in Unternehmen, in Kultur- und Umweltorganisationen tätig, war u.a. bei Changing Cities. Im Team Fahrradwirtschaft Insight übernimmt sie die Umsetzung und den Versand des Newsletters.
Fotonachweise in der abgebildeten Reihenfolge: 1. BMDV, 2. Herresthal/IFW, 3. EUROBIKE, 4. Pexels / Karolina Grabowska, 5. pd-f / Florian Schuh, 6. Zukunft Fahrrad e.V., 7. Statistisches Bundesamt (Destatis), 2023, 8. Deutsche Dienstrad GmbH, 9. Darmer, 10. EU, 11. stepmap, 12. Light bureau nach ADFC-Veröffentlichung, 14. Teamfoto: Antonia Richter
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